Grundlagen der Verbandsbeteiligung in Nordrhein-Westfalen

Die rechtlichen Grundlagen für die Mitwirkung der Naturschutzverbände in Nordrhein-Westfalen ergeben sich aus verschiedenen Gesetzen und untergesetzlichen Regelungen. Die "klassische" Verbandsbeteiligung folgt aus dem Naturschutzrecht (§ 63 Bundesnaturschutzgesetz sowie § 66 Landesnaturschutzgesetz NRW (§ 12 Landschaftsgesetz NRW a.F.)).

Den Naturschutzverbänden stehen im Vorfeld bestimmter umweltrelevanter Planungs- und Zulassungsentscheidungen Mitwirkungsrechte zu. Voraussetzung hierfür ist neben der Anerkennung (s.u.) auch, dass der Naturschutzverband landesweit tätig ist. Darüber, welche Naturschutzverbände - das Gesetz spricht von Naturschutzvereinigungen -, derzeit in Nordrhein-Westfalen landesweit tätig sind, gibt das nordrhein-westfälische Umweltministerium in der "Liste der vom Land anerkannten Naturschutzvereinigungen" auf dem Portal » umwelt.nrw > Naturschutz > Wer macht was Auskunft.

Zu den bundes- bzw. landesrechtlich verankerten Mitwirkungsfällen zählen beispielsweise Planfeststellungsverfahren zum Aus- oder Neubau von Verkehrswegen (Straße, Schiene, Wasserstraßen) und anderen Infrastrukturanlagen (zum Beispiel Energieleitungen, Flugplätze). Beim Gewässerausbau sind die Naturschutzverbände sowohl an Planfeststellungsverfahren als auch Plangenehmigungsverfahren zu beteiligen. Weitere Beteiligungsrechte bestehen an Verfahren zur Unterschutzstellung von Natur und Landschaft (Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete, geschützte Landschaftsbestandteile, Naturdenkmale) unabhängig davon, ob diese Gebiete durch eine Verordnung oder einen Landschaftsplan geschützt werden. Erfolgen Befreiungen von den Verboten einer Schutzgebietsverordnung für ein Naturschutzgebiet, sind die Naturschutzverbände ebenso zu beteiligen. Den nordrhein-westfälischen Naturschutzverbänden stehen auch weitere Beteiligungsrechte auf der Grundlage anderer Landesgesetze zu, so etwa im Rahmen der Landes- und Regionalplanung oder  wasserwirtschaftlicher Planungen (z.B. § 86 LWG NRW).

Ausgehend von völkerrechtlichen Vorgaben (Stichwort » Aarhus-Konvention) und Verpflichtungen aus europäischen Richtlinien ergeben sich zusätzlich zur naturschutzrechtlich verankerten Beteiligung weitere Mitwirkungsmöglichkeiten der anerkannten Naturschutzverbände bei Vorhaben, für die die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erforderlich ist. Hierdurch erweitert sich das Spektrum der Verbandsbeteiligung insbesondere um immissionsschutzrechtliche Verfahren zur Zulassung von Gewerbe- und Industrieanlagen und Verfahren zur Aufstellung von Bebauungsplänen, die die planerische Grundlage für UVP-pflichtigen Vorhaben schaffen.

In den » Jahresberichten des Landesbüros finden sich die aktuellen Zahlen zu Art und Umfang der Beteiligung in Nordrhein - Westfalen.

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Verbandliche Mitwirkung setzt Anerkennung voraus

Die Mitwirkungsmöglichkeiten stehen generell nur einer anerkannten Vereinigung zu. Mit dem Inkrafttreten des Umweltrechtsbehelfsgesetzes (im Folgenden URG) im Dezember 2006 war es erforderlich geworden, zwischen einem nach den Voraussetzungen des Naturschutzrechts anerkannten Naturschutzverband (auch Naturschutzvereinigung oder Naturschutzverein genannt) und einer nach dem URG anerkannten Vereinigung zu unterscheiden. Die Anerkennung nach URG wurde bis zum Frühjahr 2010 ausschließlich vom Umwelbundesamt erteilt. Im Frühjahr 2010 wurden die bis dahin getrennten Anerkennungsverfahren jedoch im URG zusammengeführt worden. Über die Anerkennung, die Mitwirkungsrechte nach URG und nach Naturschutzrecht vermitteln, wird nun in einem einheitlichen Verfahren auf Grundlage des URG entschieden.

Die Anerkennung nach URG erhalten Vereinigungen, die vorwiegend die Ziele des Umweltschutzes fördern und die weiteren Anerkennungsvoraussetzungen des § 3 Absatz 1 Satz 2 URG erfüllen (Vereinigungen); in der Praxis werden die Vereinigungen häufig als "Umweltvereinigungen" bezeichnet. Im Anerkennungsverfahren wird zusätzlich geprüft, ob eine Vereinigung im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert. Eine solche Feststellung im Anerkennungsbescheid vermittelt Vereinigungen die Rechte einer anerkannten Naturschutzvereinigung. Diese Feststellung ist wichtig, da nur den Naturschutzvereinigungen die Beteiligungsrechte nach BNatSchG und Landesnaturschutzgesetz zustehen und nur, sofern sie landesweit tätig sind (s.o.). 

Die Gesetzesänderungen im Frühjahr 2010 führten auch zu Änderungen der behördlichen Zuständigkeiten: Für inländische Vereinigungen mit einem Tätigkeitsbereich, der über das Gebiet eines Bundeslandes hinausgeht, und für ausländische Vereinigungen spricht weiterhin das » Umweltbundesamt die Anerkennung aus. Inländische Vereinigungen, deren Tätigkeitsbereich nicht über das Gebiet eines Bundeslandes hinausgeht, werden von der zuständigen Landesbehörde anerkannt. Informationen über Anerkennungen, die von den Bundesländern ausgesprochen wurden, sind über die Bundesländer zu erhalten. Das nordrhein-westfälische Umweltminsterium gibt auf » umwelt.nrw > Naturschutz > wer macht was einen Überblick über die in Nordrhein-Westfalen tätigenanerkannten Umweltvereinigungen und Naturschutzvereinigungen.

Für eine nach früherer Rechtslage ausgesprochene Anerkennung gilt: Diese Anerkennung gilt als Anerkennung im Sinne der neuen Rechtslage fort (§ 8 Abs.3 UmwRG). Erfasst sind damit Anerkennungen

  • nach § 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz in der Fassung vom 28. Februar 2010,

  • § 59 des Bundesnaturschutzgesetzes in der Fassung vom 28. Februar 2010,

  • auf Grund landesrechtlicher Vorschriften im Rahmen des § 60 des Bundesnaturschutzgesetzes in der Fassung vom 28. Februar 2010, die vor dem 28. Februar 2010 erteilt worden sind, sowie

  • Anerkennungen des Bundes und der Länder nach § 29 des Bundesnaturschutzgesetzes in der bis zum 3. April 2002 geltenden Fassung.

Die in Nordrhein-Westfalen nach § 29 Bundesnaturschutzgesetz und Landschaftsgesetz NRW anerkannten Naturschutzverbände gelten damit weiterhin als anerkannt; sie sind anerkannte Vereinigungen nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz und Naturschutzvereinigungen.

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Beginn und Ende der Mitwirkung

Die Mitwirkung bei einer Planung oder im Vorfeld einer Zulassungsentscheidung beginnt häufig durch frühzeitige Einbindung der Naturschutzverbände. Die Art und Weise der Mitwirkung ist in § 67 Landesnaturschutzgesetz NRW (im Folgenden LNatSchG NRW) näher ausgestaltet. Danach sind die anerkannten Naturschutzvereinigungen nach § 66 LNatSchG, die ihrer Satzung nach landesweit tätig sind, so frühzeitig wie möglich zu beteiligen; spätestens jedoch zum Zeitpunkt der Übersendung der Unterlagen an die Naturschutzbehörden. Nach § 67 LNatSchG sind den zu beteiligenden Naturschutzvereinigungen die Unterlagen zu übersenden. Der Landesgesetzgeber stellt zugleich klar, dass die Pflicht zur frühzeitigen Übersendung der Unterlagen "nicht durch eine in anderen Rechtsvorschriften des Bundes oder der Länder vorgeschriebene weniger weitgehende Form der Mitwirkung ersetzt" wird. Mit Zugang der Unterlagen beginnt zugleich die Frist für die Stellungnahme; sofern in anderen bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften nichts anderes geregelt ist, beträgt sie einen Monat und kann auf Antrag verlängert werden (§ 67 Abs. 4 LNatSchG NRW).

In § 67 Absatz 2 und 3 LNatSchG NRW sind die Anforderungen an die Unterlagen, die den Naturschutzvereinigungen zur Verfügung zu stellen sind, näher erläutert:

(2) Jede anerkannte Naturschutzvereinigung erhält eine eigene Ausfertigung der Unterlagen. Die übersandten Unterlagen sollen dauerhaft bei den Naturschutzvereinigungen verbleiben, zumindest aber bis zum Abschluss eines Rechtsbehelfsverfahrens unter Beteiligung der Naturschutzvereinigung oder bis zum endgültigen Verstreichen der Rechtsbehelfsfrist nach Bekanntgabe der Entscheidung. Die Naturschutzvereinigungen erhalten dieselben Unterlagen, die auch den Naturschutzbehörden zur Stellungnahme übersandt werden, soweit diese nicht Geschäfts-oder Betriebsgeheimnisse enthalten. Werden Naturschutzbehörden nachträglich ergänzte oder geänderte Unterlagen übersandt, erhalten auch die anerkannten Naturschutzvereinigungen diese geänderten oder ergänzten Unterlagen.

(3) Werden übermittelte Informationen als Betriebs-oder Geschäftsgeheimnisse gekennzeichnet, hat die zuständige Behörde in der Regel vom Vorliegen eines Betriebs-und Geschäftsgeheimnisses auszugehen. Auf Verlangen der zuständigen Behörde haben mögliche Betroffene im Einzelnen darzulegen, dass ein Betriebs-oder Geschäftsgeheimnis vorliegt. Die Unterlagen sind in gedruckter oder digitaler Fassung zu übersenden.

Die Naturschutzvereinigungen können Dritte zur Entgegennahme der Unterlagen beauftragen. In Nordrhein-Westfalen wird die Mitwirkung der landesweit tätigen anerkannten Naturschutzvereinigungen Bund für Umwelt und Naturschutz NRW (BUND), Landesgemeinschaft Natur und Umwelt NRW (LNU) und Naturschutzbund Deutschland NRW (NABU) durch das » Landesbüro der Naturschutzverbände NRW (Landesbüro) verbändeübergreifend koordiniert. Das Landesbüro ist bei Vorhaben und Planungen mit Beteiligung der landesweit tätigen Naturschutzvereinigungen der zentrale Ansprechpartner, nimmt im Auftrag der Naturschutzvereinigungen Planungs- und Verfahrensunterlagen, Anfragen und Mitteilungen entgegen und leitet die Unterlagen und sonstige Informationen an die von den Naturschutzvereinigungen bevollmächtigten Vertreterinnen und Vertreter vor Ort zur Einsicht- und Stellungnahme weiter. Zur Erfüllung der gesetzlich/ untergesetzlich geregelten Informations- und Mitwirkungsrechte ist es ausreichend, die Unterlagen und sonstigen Informationen dem Landesbüro zukommen zu lassen.

Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald NRW (SDW), eine anerkannte Naturschutzvereinigung und zugleich Mitgliedsverband der LNU, nimmt ihre Beteiligungsmöglichkeiten auf kommunaler und regionaler Ebene organisatorisch als LNU-Mitgliedsverband wahr und nimmt in diesem Rahmen die Koordinierungsleistungen des Landesbüros in Anspruch. Die Beteiligung zu landesweit bedeutsamen Vorhaben und Planungen erfolgt hingegen direkt über die Landesgeschäftsstelle der SDW.

Mit Abschluss des Verwaltungsverfahrens endet zugleich die Mitwirkung der anerkannten Naturschutzverbände. Die Verwaltungsentscheidung ist dem Vorhabenträger, den Behörden und weiteren von der Entscheidung Betroffenen bekanntgegeben. Die Bekanntgabe erfolgt durch Übersendung der Entscheidung. In Fällen, in denen der Kreis der von der Entscheidung Betroffenen groß oder nicht überschaubar ist, kann auch eine öffentliche Bekanntmachung erfolgen (vgl. allgemein für Planfeststellungsbeschlüsse § 74 Abs. 4 und 5 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW).

Auch den anerkannten Naturschutzverbänden ist in den Fällen, in denen sie von ihrem Mitwirkungsrecht im Verwaltungsverfahren Gebrauch gemacht haben, die Entscheidung bekannt zu geben (vgl. § 67 Abs. 5 LNatSchG NRW). Vorbehaltlich anderer Rechtsvorschriften des Bundes oder des Landes hat die Bekanntgabe durch Übersendung der Zulassungsentscheidung (z.B. naturschutzrechtliche Befreiung, Planfeststellungsbeschluss, Genehmigung, ...) zu erfolgen. Auch für den Fall der Bekanntgabe einer Entscheidung gegenüber den landesweit tätigen anerkannten Naturschutzvereinigungen ist das Landesbüro durch diese zur Entgegennahme bevollmächtigt.

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Aktiv werden

Wenn Sie sich für eine ehrenamtliche Mitarbeit im Rahmen der Verbandsbeteiligung interessieren, finden Sie erste Informationen hier » NATUR IN GEFAHR

Das Landesbüro bietet regelmäßig » Veranstaltungen zur Einführung in die Grundlagen der Verbandsbeteiligung an

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