Bauleitplanung und Klimaanpassung

Als zentrale Aufgabenfelder definiert der Praxisleitfaden „Klimaanpassung in der räumlichen Planung“ dementsprechend die Vorbeugung und Minderung von Hitzebelastungen sowie die Vorsorge und den Schutz vor Überflutungen (UBA 2016,11). Schwerpunktmäßig sind dabei folgende Aufgaben zu bewältigen:

  • „Flächenvorsorge zur Verbesserung des Wasserrückhalts in der Fläche,
  • Flächen- und Risikovorsorge sowie Flächensteuerung zum Schutz vulnerabler Siedlungs- und Infrastrukturen vor Hochwasser und Sturzfluten sowie vor Massenbewegungen (Erosion, Erdrutsch, Murgang),
  • Schadensminderung durch Regenwassermanagement,
  • Flächenvorsorge zur Freihaltung, Sicherung und Entwicklung klimaökologisch (und lufthygienisch) bedeutsamer Frei- und Ausgleichsflächen (Entlastungsflächen) im Siedlungsraum und Sicherung der Frischluftzufuhr,
  • Vorbeugung/ Minderung zu erwartender/ Abbau bestehender Hitzebelastungen im Siedlungsraum sowie Vorsorge vor Dürreereignissen,

und das – wo sinnvoll und möglich – in Verknüpfung mit

  • räumlichen Strategien zur Begrenzung des Energieverbrauchs und klimarelevanter Emissionen,
  • flächensparender und umweltschonender Fortentwicklung der Siedlungs- und Infrastrukturen“ (UBA 2016, 14).

Die Bebauung von Flächen mit klimaökologischer Ausgleichsfunktion und mit der Funktion als Frisch- und Kaltluftentstehungsgebiet, wie das Beispiel aus Köln zeigt, sind unter dem Aspekt Klimaanpassung kontraproduktiv. Die Freiflächen zwischen Bebauungsrand und Straßenring bilden nach dem Umweltbericht zum Bebauungsplan „Werthmannstraße in Köln-Lindenthal“ 62430/03 von 2017 ein uneingeschränktes Entwicklungsgebiet für Kalt- und Frischluft mit Luftleitungsfunktion und trägt damit im Sinne einer klimatischen Ausgleichsfunktion zu einer Entlastung der klimatisch belasteten Siedlungsbereiche bei.

Strategien und Maßnahmen zur Klimaanpassung in der Bauleitplanung

Für die Kommunalplanung sind folgende Strategien und Maßnahmen zur Klimaanpassung von Bedeutung:

Die konkreten Einzelmaßnahmen sind dabei vielfältig und wirken sich oftmals bezogen auf mehrere Anpassungserfordernisse aus. Dies spiegelt sich exemplarisch auch in den Handlungsoptionen wieder, welche die Anpassungsstrategie des Landes NRW für Städte und Ballungsräume formuliert (MULNV 2009, 127ff.). Folgende Maßnahmen/-bereiche zeigen dies beispielhaft auf:

Freiraumplanung und Flächenentsiegelung

Städtische Grünflächen haben am Tag infolge von Schattenwurf und Verdunstung sowie in der Nacht durch Kaltluftbildung und Luftaustausch eine kühlende Wirkung. So können Grün- und Erholungsflächen in einer Entfernung von weniger als 150 m und bei einer Größe von mindestens 2,5 ha den Hitzeinseleffekt verringern. Die Begrünung von Straßenzügen kann die Aufheizung versiegelter Stadtbereiche reduzieren. Offene Wasserflächen haben eine ausgleichende Wirkung auf die Lufttemperaturen der Umgebung und tragen durch Verdunstung zur Abkühlung bei. Die Vernetzung von innerstädtischen Grünflächen kann im Rahmen eines dezentralen Wassermanagements zur Ableitung, Versickerung und Verdunstung von Niederschlägen beitragen. Hier spielt auch die Einschränkung der Flächenversiegelung bzw. die Bodenentsiegelung bisher überbauter Flächen zur Schaffung neuer Regenspeicherflächen mit Verringerung des Starkregenabflusses und von Verdunstungsflächen mit Kühlungswirkung eine wichtige Rolle.

So planen z.B. die Entsorgungsbetriebe Wesseling (EBW) in Zusammenarbeit mit der Stadt Wesseling aufgrund zunehmender Starkregenereignisse mit Überflutungen im Stadtgebiet einen Notüberlauf, durch den das mit Regenwasser gemischte Schmutzwasser der Mischkanalisation bei einem Starkregenereignis gezielt abgeleitet werden soll. Gleichzeitig soll die Anlage mit teils als Beton- und teils als Grünfläche konzipierten Becken einer multifunktionalen Nutzung dienen. Nach dem Vorentwurf zum Bebauungsplan könnte/n z.B. eine artenreiche Mähwiese in einem Becken angelegt werden sowie Anlagen und Einrichtungen für Spiel, Sport, Freizeit und Erholung in einem weiteren Becken errichtet werden. Der überwiegende Anteil ist als öffentliche Grünfläche vorgesehen.

Gebäudegestaltung und -bepflanzung

Eine Verringerung des Wärmeinseleffektes kann bspw. durch die angepasste Ausrichtung der Gebäude, Verschattung durch Hauswände oder andere Bauelemente und Wärmedämmung sowie die Verwendung heller, reflektierender Baumaterialien erreicht werden. Begrünte Dächer und Hausfassaden vermindern das Aufheizen der Gebäude im Sommer und wirken durch die Bildung von Luftpolstern und Verdunstung der Überhitzung entgegen. Im Winter verringern sie den Wärmeverlust. Bezogen auf den Wasserhaushalt nimmt die Pflanzenschicht Niederschlagswasser auf und trägt insbesondere bei Starkniederschlägen zur Rückhaltung bei.

Darstellungs- und Festsetzungsmöglichkeiten zur Klimaanpassung in der Bauleitplanung

Das Baugesetzbuch bietet hinsichtlich der Darstellungs- und Festsetzungsmöglichkeiten in den Katalogen nach § 5 und § 9 BauGB differenzierte Optionen für Anpassungsmaßnahmen, insbesondere

  • die Freihaltung von Flächen generell,
  • die Freihaltung von Flächen von Bebauung,
  • die Festlegung der Mindestgröße von Baugrundstücken sowie
  • die Festlegung von Anpflanzungen und Pflanzbindungen (RVR 2010, 217).

Dabei ist der Katalog mit Festsetzungsmöglichkeiten für den FNP nicht abschließend. So kann z.B. ein System von Kaltluftschneisen als Anpassungsmaßnahme dargestellt werden, ebenso wie Maßnahmen zum Schutz vor intensiver Sonneneinstrahlung außerhalb der Gebäude (UBA 2016, 134). Als Darstellungsmöglichkeit wird in § 5 Abs. 2 Nr. 2c BauGB explizit die Ausstattung des Gemeindegebietes mit Anlagen, Einrichtungen und sonstigen Maßnahmen, die der Anpassung an den Klimawandel dienen, benannt. Für den B-Plan ist der Festsetzungskatalog dagegen abschließend. Aber auch hier finden sich viele Optionen, um Anpassungsmaßnahmen darstellen zu können.

Zu weiteren Veröffentlichungen mit Maßnahmenkatalogen und -steckbriefen sowie Darstellungs- und Festsetzungsmöglichkeiten zur Klimaanpassung in der Bauleitplanung siehe Abschnitt „Weiterführende Veröffentlichungen“.