Die Eingriffsregelung nach Naturschutzrecht

In allen Genehmigungsverfahren und auch der Bauleitplanung fallen die Begriffe „Eingriff“, „Eingriffsregelung“ und „Ausgleichs- und/ oder Kompensationsmaßnahmen“. Was ist damit gemeint?

Zur Eingriffsregelung findet sich ein ausführliches Kapitel inklusive Checklisten im Handbuch Verbandsbeteiligung NRW Band I Kap. E.

Als Eingriffe gelten Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen, die zu erheblichen Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft führen können. Dabei geht es um Auswirkungen auf den gesamten Naturhaushalt, also auf Tiere (Fauna), Pflanzen (Flora) und Lebensräume (Biotope) sowie Boden, Luft/ Klima, Wasser/ Grundwasser und das Landschaftsbild. Eingriffe erfolgen z.B. durch den Bau von Straßen, Deichen, Leitungen, Windenergieanlagen und durch die Errichtung von Gebäuden.

§ 14 Abs. 1 BNatSchG, § 30 LNatSchG NRW

Ziel der Eingriffsregelung ist es, Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft vorrangig zu vermeiden oder zu minimieren. Sofern dieses nicht möglich ist, sind die nicht vermeidbaren Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes – die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen - zu kompensieren. Diese Maßnahmen müssen in einem räumlichen Bezug zum Ort des Eingriffs erfolgen und sollen die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushaltes möglichst gleichartig (Ausgleich) bzw. gleichwertig (Ersatz) wiederherstellen. Nur wenn solche Maßnahmen nicht möglich sind, kommt es als „letztes Mittel“ zur Festlegung einer Ersatzgeldzahlung.

§ 13 und § 15 Abs. 1, 2, 5, 6 BNatSchG

§ 31 LNatSchG NRW formuliert Voraussetzungen und Möglichkeiten für Kompensationsmaßnahmen für NRW.

Die Eingriffsregelung wird grundsätzlich auf der Gesamtfläche des Landes bezogen auf alle Schutzgüter und das Landschaftsbild angewendet. Durch diesen flächendeckenden Ansatz soll die ökologische Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes insgesamt erhalten bleiben. Angesichts des dramatischen Verlustes bei der Artenvielfalt (Biodiversität) und der ungebremsten Flächeninanspruchnahme kommt der konsequenten Anwendung der Eingriffsregelung ein hoher Stellenwert zu.

Der Verursacher eines Eingriffs ist verpflichtet, Art und Umfang des Eingriffs darzulegen und zu bewerten sowie die erforderlichen Kompensationsmaßnahmen zu ermitteln. In den Antragsunterlagen finden sich die Angaben hierzu in einem Landschaftspflegerischen Begleitplan (LBP), bei kleineren Vorhaben erfolgen die Angaben auch im Erläuterungsbericht.

§ 17 Abs. 1, 4 BNatSchG

In der Eingriffsregelung sind folgende Arbeitsschritte abzuarbeiten:

  • Bestandsaufnahme von Natur und Landschaft im Einwirkungsraum des geplanten Vorhabens,
  • Prüfung von Maßnahmen zur Vermeidung und Minimierung der Eingriffe,
  • Bewertung der Auswirkungen des geplanten Projektes auf den Naturhaushalt und das Landschaftsbild,
  • Ermittlung des erforderlichen Umfangs an Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen,
  • Festlegung von Flächen/ Maßnahmen und deren Sicherung für die Dauer des Eingriffs.

Voraussetzung für die Bewertung des Eingriffs ist eine möglichst vollständige Erfassung des Zustandes von Natur und Landschaft vor dem Eingriff („Ist-Zustand“). Dieses erfolgt durch Auswertungen von vorliegenden Daten (z.B. zu Böden und Grundwasserverhältnissen) und Geländekartierungen zur Erfassung von Pflanzen, Tieren und Lebensräumen sowie dem Landschaftsbild.

§ 17 Abs. 1, 4 BNatSchG

Eine schwierige Frage stellt die Bewertung von Eingriffen dar: Wie sind welche Auswirkungen eines Eingriffs zu beurteilen (Wirkungsprognose), welche Wertigkeiten gehen durch einen Eingriff verloren und welche Maßnahmen sind erforderlich, um die beeinträchtigten Werte/ Funktionen möglichst gleichartig wiederherzustellen? Hierzu haben sich Bewertungsmethoden etabliert, die nachvollziehbare und landesweit einheitliche Standards bei der Anwendung der Eingriffsregelung sichern sollen. In den in NRW angewandten Methoden erfolgt dieses in der Regel auf der Grundlage einer numerischen Bewertung der vom Eingriff betroffenen Biotoptypen. Dabei wird die Wertigkeit des Ist-Zustandes mit den nach dem Eingriff noch vorhandenen oder neu entstandenen Biotoptypen und deren Wertigkeit verglichen.

Einen Überblick über in NRW gängige Bewertungsverfahren zur Eingriffsregelung bietet das Handbuch Verbandsbeteiligung NRW in Band I, Kap. E 4.10.5.

Das LANUV stellt auf seiner Internetseite Informationen zur Bewertung in der Eingriffsregelung bereit.

Bewertungsmethoden für Eingriffe in der Bauleitplanung

 

Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung muss in allen fachgesetzlichen Zulassungsverfahren wie z.B. in immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren (z.B. für die Errichtung einer Windenergieanlage oder den Bau eines Tiermaststalles) sowie in Planfeststellungsverfahren (z.B. für Infrastrukturprojekte - Straßen, Schienen, Leitungen - oder einen Gewässerausbau) angewendet und durchgeführt werden. Sie ist in diese Zulassungsentscheidungen integriert, d.h. in der Regel entscheiden die Genehmigungsbehörden und nicht die Naturschutzbehörden über die Eingriffsregelung. Sie unterscheidet sich in einigen Punkten von der Eingriffsregelung in der Bauleitplanung.

§ 17 Abs. 4 BNatSchG